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Friedrich Schiller
Schillers Geburtshaus in Marbach
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Schillers Leben kennt jeder deutsche. Es hat auch verhältnismäßig nur geringe Beziehungen zu dem Werke des Mannes. So darf man sich auf Stichworte beschränken. Der Großvater Bäcker und Schultheiß eines schwäbischen Dorfes; der Vater Johann Kaspar (1723-1796) Feldscher in bayrischen, später Leutnant, Hauptmann, Major in württembergischen Militärdiensten. Dazwischen Wundarzt in Marbach, wo er 1749 die 17jährige Tochter des Löwenwirts und Bäckers Kodweis heiratet. | Am 10. November 1759 wird der erste und einzige Sohn geboren: Johann Christoph Friedrich, der mit den Eltern häufig den Wohnort wechselt, in Lorch vom Ortspfarrer Moser den ersten Unterricht erhält, von 1766 ab in Ludwigsburg die Lateinschule besucht und auf das theologische Studium verzichten muss, da der Herzog Karl Eugen von Württemberg ihn 1773 in die militärische Pflanzschule (später Herzogliche Akademie und von 1781 ab Hohe Karlsschule) steckt.
Hier studiert er zunächst Jurisprudenz, von 1776 ab Medizin, leidet unter der kasernenartigen Disziplin der sonst guten Schule, füllt sich mit philosophischen und freiheitlichen Ideen (Plutarch, Rousseau), wird vom Sturm- und Drangdrama der Zeit mächtig gepackt, entwirft 18jährig die "Räuber", erlangt 1780 die Entlassung von der Anstalt und wird Regimentsmedikus bei einem Stuttgarter Grenadierregiment mit 18 Gulden Monatsgage. Die Oden an Laura, grauslich wie die Dame, an die sie sich richteten, entstehen um diese Zeit. |
Schiller im 28. Lebensjahr Portrait von Anton Graff
| Die "Räuber" werden 1782 mit glänzendem Erfolg auf dem Mannheimer Nationaltheater gegeben, der Despotie seines Herzogs, der ihm das "Komödienschreiben" ein für allemal verbietet, entzieht sich der junge Dichter 1782 durch die Flucht nach Mannheim. Hier, in dem Dörfchen Oggersheim und vom Dezember ab auf dem Gute Bauerbach (Meiningen), wo Frau von Wolzogen, die Mutter seines Schulfreundes, ihm Quartier gab, arbeitete er den vom Mannheimer Nationaltheater zurückgewiesenen Fiesco um, vollendet die "Luise Millerin" (Kabale und Liebe) und entwirft den "Don Carlos". Bald darauf (1783) wird er Theaterdichter in Mannheim; Karl August macht ihn zum herzoglichen Rat, aber Geldnot und Leidenschaftswirren (Frau von Kalb) bedrücken ihn, so dass er 1785 einer Einladung seines Verehrers Gottfried Körner nach Leipzig und Dresden folgt. Nun erfährt er den mäßigenden Einfluss freundlicher Menschen und Verhältnisse; das "Lied an die Freude" entsteht, der Don Carlos wird umgearbeitet und vollendet; in erzählender Prosa versucht er sich. Im Juli 1787, einer neuen Herzensverwirrung entfliehend, geht er nach Weimar, wohin ihn Charlotte von Kalb und die Hoffnung auf eine gesicherte Lebensstellung ziehen; er erhält auf Goethes Fürsprache eine auußerordentliche Professur für Philosophie und Geschichte an der Universität Jena, vornehmlich auf Grund seiner durch die Studien zum Don Carlos angeregten "Geschichte des Abgalls der vereinigten Niederlande"; er verlobt sich mit Charlotte von Lengefeld und heiratet sie 1790, nachdem der Herzog von Meiningen ihm den Hofratstitel verliehen und Karl August eine feste Jahreszulage von 200 Talern versprochen hat.
Goethe-Schiller Denkmal im Weimar
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Die Ehe wird glücklich; eine heftige Erkrankung (1791) geht vorüber; dänische Verehrer bessern seine erschöpften Finanzen auf; es folgt die Anknüpfung mit Cotta, der sich als großzügiger und hochherziger Verleger und Freund erweist; vor allem bahnt sich das schon geschilderte Verhältnis mit Goethe an. Im Jahre 1799 siedelt Schiller ganz nach Weimar über; in schneller Folge erscheinen die allen Deutschen bekannten Dramen von Wallenstein bis zum Tell auf der Hofbühne; 1802 erhält der von der ganzen Nation Gefeierte den erblichen Adel; aus der Arbeit am Demetrius reißt ihn am Nachmittag des 9. Mai 1805 der Tod. |
Aus: "Geschichte der Weltliteratur" von Carl Busse.
Die Räuber
Theaterzettel zur ersten Aufführung der "Räuber" in Mannheim.
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Die Räuber, 1804. Von Friedrich Schiller.
«Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Säkulum, wenn ich in meinem Plutarch lese von großen Menschen.
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Der Inhalt
Maximilian, regierender Graf von Moor, hat zwei Söhne, Karl und Franz.
Karl, der älteste, ist auf der Universität in Leipzig. Ein im Grund edler Charakter, begeht er doch mit leichtfertigen Genossen tolle Streiche.
Sein jüngerer Bruder Franz, ebenso feige und hinterlistig, wie er tapfer und offen, täuscht durch falsche Briefe und durch seinen Spießgesellen, den Bastard Hermann, den alternden, kränklichen Vater, um Karl bei ihm schlecht zu machen und ihn überdies bei dem Fräulein Amalia von Edelreich, die Karl liebt, zu verleumden.
Szenenfoto aus einer historischen Aufführung Dem schwachen Alten weiß er die Entwerbung Karls abzulisten und ihn mit falschem Schrecken in tödliche Ohnmacht zu jagen. Der arme Graf wird dadurch so schwach, dass Franz den Grafen für tot auszugeben beschließt. Er veranstaltet ein scheinbares Begräbnis, während er den besinnungslosen Greis in einen öden Turm im Walde einsperren lässt und ihn dem Hungertode preisgibt.
Anstatt aber Hermann, seinem ihm ergebenen Diener und Mitverschworenen für seine Dienste zu belohnen und ihm die versprochene Amalia zu geben, verhöhnt er seinen Helfer und will das schöne Mädchen für sich. Amalia jedoch weist den feigen Wüstling mutvoll zurück, und Hermann schmiedet Rache, indem er den alten Grafen durch kümmerliche Nahrung, die er ihm meilich zuzustecken weiß, in jenem einsamen Waldturm am Leben erhält
Inzwischen ist mit Karl eine große Wandlung vorgegangen. Er hatte mit seinen Genossen Leipzig wegen einer bösen Rauferei verlassen müssen und wartet in einem Grenzwirtshaus auf Nachricht von seinem Vater. Statt dessen kommt ein von Franz verfasster Brief, der scheinbar vom Grafen stammt und in dem Karl verflucht und enterbt wird. Das wirft ihn in solch eine Verzweiflung, dass er bereit ist, bei einem verrückten, im Alkoholrausch entworfenen Plan auszuführen, nämlich eine Räuberbande zu gründen und deren Hauptmann zu werden. Erdacht war dieser Plan ursprünglich von einem Studentengenossen und Saufkumpanen, Spiegelberg.
Fünfter Akt, Erste Szene von Daniel Chodowiecki
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Durch Zuzug verstärkt, verübt er nun viele Greuel. Er geht so weit, bei der Rettung des gefangenen und zum Galgen verurteilten Freundes Roller eine ganze Stadt dem Untergang zu weihen. Da bietet der Staat, in dessen Machtbereich er sich gerade befindet, eine solche stattliche Schar gegen ihn auf, dass die Niederlage der Bande gewiss erscheint. Karls Heldenmut weiß jedoch die Banditen zu begeistern. Sie weisen einen Unterhändler, der teilweisen Pardon verspricht, wenn sie den Hauptmann ausliefern, zurück - nur Spiegelberg hätte Karl gern vom Schauplatz verschwinden sehen - und schlagen sich glücklich durch. Die Räuber ziehen dann nach der Donau, und hier stößt der junge polnische Edelmann Kosinsky zu ihnen. | Karl will ihn erst zurückweisen, da er weitere Verantwortung nicht übernehmen möchte. Aber Kosinsky erschüttert ihn durch die Erzählung seiner Leiden, erweckt in ihm die Sehnsucht nach der Heimat und nach Amalia. Er bricht mit der ganzen Bande nach seinem väterlichen Schloss in Franken auf.
Durch einen unerhörten Zufall lagern die Räubertruppen in demselben Wald, wo auch der Turm steht, in dem der alte Graf dahinsiecht, wovon nur Franz und Hermann wissen. Durch einen heimlichen Besuch auf dem Schloss und durch die Entdeckung des Vaters im Turm erfährt Karl die Schändlichkeiten seines Bruders, die ihn zum Räuber und Mörder gemacht haben. Er nimmt seinem treuesten Genossen Schweizer den Eid ab, ihm Franz lebend zu bringen, und Schweizer eilt, mit den Auserlesensten der Bande das Schloss zu stürmen.
Als sie eindringen, hat Franz, aus dem Schlaf emporgeschreckt, dem alten Diener Daniel einen entsetzlichen Traum erzählt, der vom jüngsten Gericht und seiner Verwerfung vor Gottes Thron handelt. Nun, da die Räuber die Türen einbrechen und er keine Rettung sieht, erdrosselt sich der feige Bösewicht. Schweizer erschießt sich, weil er sein dem Hauptmann gegebenes Versprechen, den Bruder lebend zu bringen, nicht halten kann.
Amalia hat erfahren, dass Karl in der Nähe ist. Sie eilt in den Wald und findet den Geliebten mit dem totgeglaubten alten Grafen. Karl enthüllt ihr, dass er Räuber und Mörder ist. Während der Vater vor Gram darüber stirbt, will Amalia nicht von ihm lassen, |
Eine Anrede Schillers an das Publikum (Anklicken zur Vergrößerung)
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und er glaubt schon, mit ihr sein Glück gefunden zu haben, als seine Genossen ihn an den Räuberschwur erinnern, sich niemals zu verlassen und alles zu teilen. Er will Amalia verlassen. Aber die bittet um den Tod von seiner Hand und dankt ihm, als er den Dolch in ihre Brust stößt. Hierdurch aber hält er seine Verpflichtungen für beendet. Er entlässt die Bande und geht, sich selbst dem Gericht zu stellen.
(Für die erste Aufführung in Mannheim hat Schiller Veränderungen vorgenommen. Diese Bühnenbearbeitung verlegt die im 18. Jahrhundert spielende Handlung um 100 Jahre zurück in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege. Franz erdrosselt sich nicht, sondern wird von dem hereinstürmenden Schwizer gepackt. In Ketten wird er zu Karl gebracht, der in einem Anfall von Menschlichkeit nicht selbst über ihn bestimmen will, sondern es seiner Bande überlässt, eine Strafe für ihn zu ersinnen. Die Räuber werfen ihn nun in denselben Turm, in dem sein Vater geschmachtet und geben ihn hohnlachend dem Hungertode preis.)
Das teutsche Komödienhaus (Nationaltheater) in Mannheim gestochen von den Brüdern Klauber
Aus: "Führer durch das Schauspiel" von Leo Melitz
und "Geschichte der Weltliteratur" von Carl Busse.
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«Wenn man es dem Verfasser nicht an den Schönheiten anmerkt, dass er sich in seinen Shakespeare vergafft hat, merkt man es desto gewisser an den Ausschweifungen»
Friedrich Schiller in einer Selbstrezension
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