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Miguel de Cervantes
Als viertes Kind ziemlich verarmter Adeliger wird Miguel de Cervantes Anfang Oktober 1547 in einer Kleinstadt nahe Madrid, in Alcala de Henares, geboren. Schon früh befällt ihn die Lesegier. Er bezieht die Universität Salamanca und dichtet dort fleißig Sonette. Doch der Zwang, Geld zu verdienen, mehr vielleicht noch Abenteuerlust treibt den Zweiundzwanzigjährigen dazu, sich als Kämmerling bei dem gelehrten päpstlichen Legaten Giulio Aquaviva zu verdingen und mit ihm nach Rom zu gehen. Nur kurze Zeit blieb er bei dem Kardinal: die Stellung als besserer Kammerdiener mochte ihm nicht behagen.
Und da die Christenheit gerade gegen den Halbmond rüstete, so nahm Cervantes als gemeiner Soldat Kriegsdienste. In der Seeschlacht von Levanto wurde seine Hand zerstümmelt. Er tat sich als Soldat durch seinen Mut derart hervor, dass ihm Juan d'Austria und der Herzog von Sesa persönlich Empfehlungsschreiben mitgaben, als er den Dienst quittierte.
Als Cervantes mit den Schreiben ausgestattet auf dem Heimweg ist, wird seine Galeere aber von algerischen Seeräubern überfallen, und Cervantes gerät in Sklaverei. Bald entwickelt er sich zum Haupt der Gefangenen und plant die gemeinsame Flucht. Er wird verraten und nach Algier gebracht. Sein Vater gibt sein gesamtes kleines Vermögen her, seine Schwester ihre Mitgift, - darauf lässt man seinen gleichfalls gefangenen Bruder frei, ihn nicht. Der Bruder verspricht, ihn zu befreien, - die Hoffnung erfüllt sich nicht. Wieder flieht Cervantes und verbirgt sich wochenlang mit 14 anderen spanischen Edelleuten in einer Höhle an der Küste. Zwei Versuche, von einer Fregatte aus die Entflohenen zu retten, schlagen fehl, - die Sklaven geraten in die Gewalt des Deis von Algier, Hassan Aga. Cervantes gibt sich für den allein Schuldigen aus, um durch seinen Tod die Freunde zu retten. Dieser Mut imponiert dem Dei; Hoffnung auf ein hohes Lösegeld bestimmt ihn, von der Hinrichtung des einhändigen Spaniers abzusehen. Er lässt ihn aber in Ketten legen. Im dritten Jahre der Gefangenschaft wird ein Brief von Cervantes an den Statthalter von Oran abgefangen, der Bote wird gespießt, der Dichter zu zweitausend Peitschenhieben verurteilt. Er wird noch einmal begnadigt. Nach weiteren Fluchtversuchen und Bestrafungen wird er schließlich von Trinitariermönchen freigekauft. Mutter und Schwester hatten zur Aufbringung der 300 Dukaten fast das Letzte geopfert. In Sklavenkleidung, aber frei, betritt Cervantes nach fünfjähriger Gefangenschaft spanischen Boden.
Henry Fielding
(Zeichnung von W. Hogarth)
| Nach seiner Befreiung muss er wieder als gemeiner Soldat in Portugal kämpfen. Er heiratet eine altadlige Frau und führt fortan ein Literatenleben und nimmt in Sevilla eine untergeordnete Beamtenstellung an. Auf verleumderische Anschuldigungen hin wird er sogar noch ins Gefängnis geworfen und endlich in der Armut, die ihm durchs ganze Leben treu geblieben war, aber ungebrochenen Mutes am 23. April 1616 starb, - dem Datum nach an genau demselben Tage wie Shakespeare, tatsächlich jedoch (da Spanien schon nach dem gregorianischen, England noch nach dem julianischen Kalender rechnete) etwa zwölf Tage früher. |
Aus: "Gesichte der Weltliteratur" von Carl Busse
Don Quijote
Titelseite der ersten Ausgabe
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El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha ,1605/1615. Von Miguel de Cervantes.
«Desocupado lector: Sin juramento me podrás creer, que quisiera que este libro, como hijo del entendimiento, fuera el más hermoso, el más gallardo y más discreto que pudiera imaginarse.»
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Der Inhalt
Ein etwa 50jähriger Junker in einem Dorfe der Mancha schnappt durch die fortgesetzte Lektüre von Ritterromanen über. Er fasst den Entschluss, zur Mehrung seines Ruhmes als fahrender Ritter auf Abenteuer auszuziehen, dem Unrecht zu steuern und sich in Gefahren zu stürzen, wie es die Helden der geliebten Bücher taten. Mit Pappdeckeln baut er eine Pickelhaube zum Helm aus, putzt eine rostzerfressene Rüstung, macht ein Bauernmädel zur Dame seines Herzens und legt ihr den tönenden Namen Dulcinea von Toboso bei, besteigt seinen alten Klepper Rosinante und reitet davon.
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Er ist von seiner fixen Idee so besessen, dass er in einer ordinären Schenke ein Kastell, in Dirnen Edelfräulein, in dem Wirt einen tapferen Ritter sieht, der ihm selbst den Ritterschlag versetzen muss. Tollkühn bindet er mit aller Welt an, wobei er zuletzt von Maultierknechten fürchterlich verprügelt wird. Ein gutmütiger Bauer seines Dorfes bringt ihn nach Hause zurück. Aber der scheckige Narr ist noch lange nicht geheilt. Zu einer zweiten Ausfahrt dingt er sich in Sancho Panza einen Knappen, und erst damit erhält er selbst seine typische Bedeutung. Die beiden Kontrastfiguren des verstiegenen, in eine phantastische Idee vernarrten Idealisten und seines bauernschlauen, grob-realistischen, nur auf seinen Vorteil und sein gutes Essen bedachten Begleiters heben sich gegenseitig, scheinen uns untrennbar und wachsen sich zu Urbildern menschlicher Eigenschaften aus. Erst jetzt tut Don Quijote die weltberühmten Taten, die uns schon von Kindheit an vertraut sind, kämpft er gegen die Windmühlen, die er für Riesen hält, attackiert er staubumwölkte Hammelherden, die ihm mächtige Heere zu sein scheinen, erobert er das Barbierbecken, das sich ihm als Helm des Mambrin darstellt, besteht er den "blutigen" Kampf mit einigen Schläuchen roten Weines, und was dergeleichen Abenteuer mehr sind. Auf einem Ochsenkarren kehrt der Ritter von der traurigen Gestalt übel zugerichtet mit seinem treuen Knappen endlich wieder heim. Damit schließt der erste Teil.
Den zweiten Teil hat Cervantes erst zehn Jahre später beendet (1615), nachdem von unbefugter Hand schon vorher eine Forsetzung des Werkes erschienen war.
Illustration von William Hogarth
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Hier stehen an die Stelle der farbigen Abenteuer immer mehr kluge Gespräche.Der Held sinkt allmählich zu einem armen, kranken, irrsinnigen Narren herab, der von anderen gefoppt wird.
Immer stärker steht Sancho Panza im Vordergrund, der richtig zum Statthalter einer "Insel" ernannt wird und - das sind ganz prachtvolle Szenen - in dieser Stellung seine salomonischen Urteile abgibt. Don Quijote aber, der als Narr gelebt hat, stirbt zuletzt als Weiser. Er sieht seine Torheit und Verblendung ein und schlummert als guter Christ und kluger Mensch sanft hinüber.
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Aus: "Geschichte der Weltliteratur" von Carl Busse
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«Von nun an ist der Ritter von der Mancha keine vom Autor ins Lächerliche gezogene Figur mehr, er ist Träger eines Ideals im positiven Sinne, und wenn der Versuch, es zu verwirklichen, ihm Hohn und Spott einträgt, dann liegt es nicht an diesem Ideal, sondern an der Welt und ihrer Niedertracht.»
Hugo Lautenberger
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