|
|
Pedro Calderón de la Barca
Calderon, mit seinem vollen Namen Pedro Calderon de la Barca Henao y Riaño, ward am 17. Januar 1600 zu Madrid geboren, in einer Jesuitenschule vom 9. bis 13. Jahre erzogen und dann auf die Universität Salamanca geschickt, wo er sich vornehmlich juristischen und philosophischen Studien hingab. Als Dreizehnjähriger verfasste er sein erstes Schauspiel, als Neunzehnhähriger gewann er einen Preis in einem zu Ehren des heiligen Isidorus stattfindenden Dichterwettstreit. "In zartem Alter", sagte Lope damals von ihm, "gewinnt er Lorbeern, welche die Zeit sonst nur ergrautem Haare zu geben pflegt." Am spanischen Hofe fand der junge Dichter Gönner, aber es litt ihn dort noch nicht: er trat ins Heer, diente in Flandern und Mailand und opferte dabei weiter den Musen. |
Pedro Calderon de la Barca Nach einem Gemälde in der Pfarrkirche zu San Pedro in Madrid
|
Philipp IV. rief ihn 1635 zurück, ernannte ihn zum Hofschauspieldichter, unterstellte ihm das Theater seines Lustschlosses Buen Retiro und ernannte ihn 1637 zum Ritter des Ordens von Santiago.
Titelblatt der 1637 in Madrid erschienenen Ausgabe von Calderons Commedias
| Auch später erhielt er ihm seine Gunst, setzte ihm ein Monatsgehalt von 30 Dukaten aus und ließ aus Anlass von Hof- oder Kirchenfesten eine große Anzahl Stücke von ihm schaffen, die mit großem Pomp dargestellt wurden.
Aus einem Romanzenbruchstücke wissen wir auch, dass Calderon in Liebes- und Raufhändel verwickelt war, was weiter nicht Wunder nimmt. Aber auch er ward im Alter dann fromm, oder besser: immer frömmer. Er trat 1651 in eine fromme Bruderschaft und erhielt 1653 vom König eine Kaplanstelle in Toledo. Zehn Jahre später ward er außerdem zum Ehrenkaplan an der königlichen Hofkapelle in Madrid und bald darauf zum Leiter der Kongregation vom heiligen Petrus ernannt. | Dieser Kongregation vermachte er sein bedeutendes Vermögen. Er starb am 25. Mai 1681, einem Pfingsttag, und wurde prunklos, wie er es gewünscht hatte, in der Kirche San Salvador beigesetzt; 1841 wurden seine Reste in ein vor dem Atochator gelegenes Kloster überführt.
Signatur des Calderon
Aus: "Geschichte der Weltliteratur" von Carl Busse.
Das Leben ein Traum
Spanische Ausgabe von Das Leben ein Traum
|
La vida es un sueño (1636). Von Pedro Calderón de la Barca.
«Was ist Leben? Raserei! / Was ist Leben? Hohler Schaum, / Ein Gedicht, ein Schatten kaum! Wenig kann das Glück uns geben; / Denn ein Traum ist alles Leben / Und die Träume selbst ein Traum.»
|
Der Inhalt
Das berühmteste der Calderonschen Dramen spricht die Anschauung von der Nichtigkeit irdischen Glücks und Begehrens aus. Der König Basilius von Polen hat seinen Sohn, den Prinzen Sigismund, gleich nach der Geburt in einen Felsenkerker im Gebirge sperren lassen, dem kein menschlicher Fuß nahen darf. Denn die Zeichendeuter hatten dem Kinde das Horoskop gestellt, dass es einmal der grausamste der Fürsten sein, das Reich in Bürgerkriege stürzen, den eignen Vater zu seinen Füßen sehen werde. Um sich und sein Land vor diesem Schicksal zu bewahren, hält der König den Sohn in Armut, Einsamkeit und Elend gefangen; nur Clotald, ein Großer des Reiches, darf zu ihm; er ist ihm Erzieher, Lehrer, Aufseher,; aber als es sich nun um die Thronfolge handelt, wird der König von Zweifeln geplagt, ob er den Zeichen nicht zu viel getraut und ob er das Recht habe, seinem Blut das angestammte Erbe zu verwehren. So beschließt er, des Prinzen Sinnesart zu prüfen. Durch einen Schlaftrunk wird der arme Gefangene betäubt, und als er erwacht, findet er sich als Erbe Polens von fürstlichem Gepräge umstrahlt.
Illustration zu "Das Leben ein Traum" aus dem 19. Jahrhundert
| Es wird ihm ehrlich gesagt, weshalb er bis jetzt hat im Kerker schmachten müssen, und der König will nun erproben, wie die jähe Wandlung auf den Prinzen wirkt und welchen Gebrauch er von der Herrschaft macht. Gelingt es ihm, sich zu zügeln, so soll er den Thron erhalten; zeigt er sich als grausamer Tyrann, so soll er in den Kerker zurück. Aber damit dieser Umschwung ihn dann nicht zu völligster Verzweiflung führe, soll er glauben, dass die ganze Prinzenherrlichkeit nur ein Traum war. Sigismund besteht die Prüfung nicht: er erwacht wieder in seinem Felsenkerker. |
Aber in Ketten sinnt er dem vermeintlichen Traum nach, und neue Erkenntnisse dämmern ihm: das ganze Leben ist nur ein Traum; was einer ist, das träumt er nur; «der König träumt: er sei ein König, und, tief in diesen Traum versenkt, gebietet er und herrscht und lenkt." Doch wen kann die Herrschaft noch lüstern machen, der da weiß, dass sie beim Erwachen schwindet?
Meuternde Truppen, die nun den wahren Thronerben kennen, befreien den Gefangenen aus dem Kerker; zwischen ihnen und den Scharen, die dem König treu bleiben, kommt es zum Kampf, in dem Sigismunds Heer siegreich ist. Nun erfüllen sich die Prophezeiungen: Der alte König des vom parteienstreit zerrissenen Landes liegt im Staub vor seinem Sohne. Der aber, geläutert, hebt ihn auf. Die Sterne lügen nicht; der Versuch des Königs, des Himmels Ratschluss zu durchkreuzen und aufzuhalten, war ein Wahn. Der ungerechte Zwang, den er auf den Sohn geübt, hat im Gegenteil gerade vollbracht, was er verhindern sollte. Niemand kann gegen das Schicksal an; man läuft ihm niemals sicherer entgegen, als indem man ihm mit Menschenwitz zu entfliehen trachtet. Der ganze Hof beugt sich nun staunend und preisend vor dem Prinzen, der durch einen Traum so weise geworden ist, der seine Macht nicht mehr missbrauchen wird, der seine heftigen Begierden zügeln gelernt hat und nicht mehr wilden Wünschen nachjagt. Denn, sagt er,
« Ist des Genusses Wonne nichts
Als eine schöne Flamme, die in Asche
Beim leisen Hauch der Morgenluft verlodert: -
So lasst das Ew'ge dann uns suchen, wo
Der Ruhm nicht wandelbar, das Glück kein Schlummer,
Und keine Traumgestalt die Hoheit ist.»
Man sieht hier den Sohn der Epoche, in der die christlichen Ideale die irdischen der Renaissance ganz besieht und zurückgedrängt haben. Das Leben ein Traum, ein Nichts, ein Übergang, alle Lust über kurz oder lang in Leid endend, deshalb nicht erstrebenswert. Und die Menschen preisgegeben einem unentrinnbaren Schicksal.
Aus: "Geschichte der Weltliteratur" von Carl Busse.
|
|
|
«Welch ein herrliches Ideal mußte nicht in der Seele des Dichters leben, der einen Tom Jones und eine Sophia erschuf!»
Friedrich Schiller
|
|